Sehr geehrte Damen und Herren,
Im Serve-U Newsletter präsentiert das Projektkonsortium quartalsweise Neuigkeiten, Ergebnisse und Errungenschaften rund um das Forschungsprojekt. Wir laden Sie ein, diese Newsletter-Updates sowie die Projekthomepage serve-u.at an interessierte Unternehmen und Personen weiterzuleiten.
Im Zuge dieses Newsletters möchten wir Sie besonders darauf hinweisen, dass das Serve-U Konsortium am 7. Juni 2022 ein großes Meeting mit dem Stakeholder-Advisory-Board (SAB) in Wien abhalten wird. Darin sollen erste Ergebnisse und Entwicklungen des Projektes präsentiert und Anregungen der Stakeholder für weitere Forschungstätigkeiten eingebracht werden. Sollten Sie Teil des SAB sein, bitten wir Sie herzlichst diesen Termin vorzumerken. Eine gesonderte Einladung ergeht in den kommenden Wochen.
Im ersten Newsletter wurden das Projekt und die Projektpartner vorgestellt, der zweite Newsletter beinhaltet das Datenmanagement, die Datenqualität und die Stromlastprognose als Grundlage für jede Energiemanagementaufgabe und -entscheidung.
Der dritte Newsletter ist dem Arbeitspaket 3 „Konzeption Erzeugungsprognoseplattform“ gewidmet. Die wichtigsten Parameter für die Energieerzeugung sind die Vorhersagen der Sonnenstrahlung (Globalstrahlung) und damit der Prognose der Stromerzeugungsprognose mit Photovoltaik. Energiegemeinschaften besitzen darüber hinaus auch Anteile an Wind- und Wasserkraftwerken, im weiteren Projektverlauf werden deshalb auch Windkraftprognosen und Wasserkraftprognosen einfließen.
Die drei Projektpartner Fachhochschule Oberösterreich (FH OOE), Software Competence Center Hagenberg (SCCH) und Blue Sky Wetteranalysen entwickeln unterschiedliche Prognosetools für die Energieerzeugung, die im weiteren Projektverlauf miteinander verglichen, kombiniert und weiterentwickelt werden.
- Nowcasting – Kurzfristprognose mit All-Sky-Imager (Lead: FH OOE)
- Datenbasierte PV-Prognose (Lead: SCCH)
- Meteorologische PV- und Strahlungsprognosen (Lead: BLUE SKY)
Zu Beginn des Projekts werden Prognosemodelle der drei Methoden für mehrere Vergleichsorte in Oberösterreich entwickelt, die über ausreichend historische Datensätze aus dem Bereich der Meteorologie und Photovoltaik verfügen bzw. Standorte von Sky-Kameras sind, diese sind in Abb. 1 dargestellt.
In den folgenden Abschnitten werden die verschiedenen Methoden beschrieben:
Nowcasting – All-Sky-Imager (FH OOE)
Mit dieser Prognosemethode wird die Solarstrahlung an einem Standort für die nächsten Minuten prognostiziert, der maximale Vorhersagezeitraum ist 30 Minuten. Die Voraussetzung dafür ist ein All‑Sky‑Imager, eine Kamera mit Weitwinkelobjektiv, die zum Himmel gerichtet ist und alle paar Sekunden eine Aufnahme des Himmels bzw. der Bewölkung liefert.
Mit dieser Kamera wird tagsüber alle 30 Sekunden ein Bild des Wolkenhimmels erstellt. Mit einem speziellen Algorithmus und optischen Verfahren wird zu jedem Bild der Stand der Sonne und die Art und Dichte der Bewölkung detektiert. Durch den Vergleich der aufeinander folgenden Bilder kann dann die Wolkenbewegung bestimmt und als Vektoren (Cloud-motion-vectors) erfasst werden.
Als Produkt wird alle 5 Minuten für die nächsten 30 Minuten (= Auflösung 5 Minuten) eine Prognose der horizontalen Globalstrahlung (GHI) für den Standort der Sky-Cam erstellt. Mit dieser Prognose der Strahlung ist dann eine kurzfristige Prognose („Nowcasting“) der Stromerzeugung der PV-Anlage für die nächsten 0-30 Minuten möglich.
Mit diesem Vorhersagetool kann im Energiemanagement kurzfristig im Bereich von 1-3 Minuten entschieden werden, wofür der erzeugte PV-Strom verwendet wird (Eigenverbrauch, Speicherung, Einspeisung ins Netz, Hochfahren von Generatoren, usw.).
Datenbasierte PV-Erzeugungs-Prognose (SCCH)
Mit Hilfe von Online-PV-Messdaten aus den Wohngebäuden der Gemeinde und historischen Wetterdaten von den umliegenden Wetterstationen werden PV-Erzeugungsprognosen für kurzfristige Korrekturen der Day-Ahead-Prognosen erzeugt. Der Zeithorizont solcher Korrekturen/Vorhersagen kann von einigen Stunden bis zu einem Tag im Voraus reichen. Die Vorhersagetechniken beruhen auf datenbasierten Methoden, einschließlich Persistenz-, Regressions- und Deep-Learning-Modellen sowie Kombinationen davon. Die folgenden Abbildungen zeigen Beispiele von PV-Prognosen für einen Tag im Voraus, die mit Standard-Persistenzmodellen (basierend aus einem Datensatz von „gleichen“ Tagen aus der Vergangenheit), exponentiell glättenden Modellen (Holt Winters) und persistenzbasierten autoregressiven Modellen (PAR) erstellt wurden.
Mit dieser Vorhersagemethode wird die PV-Erzeugung von Einzelanlagen aber auch von Energieverbünden prognostiziert. Der Vorhersagezeitraum reicht von 2 bis 24 Stunden mit einer zeitlichen Auflösung von 15 Minuten, die Prognosen werden alle 1-2 Stunden aktualisiert.
Meteorologische PV- und Strahlungsprognosen (BLUE SKY)
Direkte Modelldaten (DMO… „Direct Model Output“)
Der für die PV-Erzeugungsprognose notwendige meteorologische Parameter ist die horizontale Globalstrahlung (GHI), dieser Parameter ist eine Ergebnisvariable (DMO), die direkt aus einem numerischen Wettermodellen (NWP) stammt. Bei den NWP-Modellen unterscheidet man zwischen globalen NWP-Modellen, die für ein weltweites horizontales und vertikales Gitternetz prognostiziert werden, und lokalen Wettermodellen.
Globale Wettermodelle werden von den großen nationalen Wetterdiensten betrieben und täglich 1 bis 4 mal aktualisiert. Sie unterscheiden sich durch die geographische Genauigkeit (Gitterpunktsdistanz) und den Vorhersagezeitraum (von 0-5 bis 0-14 Tage im voraus). Lokale Wettermodelle sind an die Ergebnisse und Randbedingungen von globalen Wettermodellen geknüpft und in diese eingebettet („nested“). Lokale Modelle prognostizieren für ein kleineres Gebiet (z.B. Kontinent, Land, Bundesland) und für kürzere Vorhersagezeiträume und werden meist mehrmals täglich aktualisiert.
Lokale Wettermodelle werden mehrmals täglich (4-8 mal) aktualisiert und verfügen in der Regel über eine geringere Gittermaschenweite (2,8 bis 7 km) und einen geringeren Vorhersagezeitraum (0-27 bis 0-72 Stunden im Voraus) als globale Modelle.
Statistische Wettermodelle (MOS…“Model Output Statistics“)
Model output statistics sind Modelle, die die Ergebnisse von NWP-Modellen weiterverarbeiten („post processing“) und verbessern. Es werden statistische und mathematische Methoden angewendet (lineare Regressionen, quadratische Funktionen, machine learning, neuronale Netzwerke, support vectors, usw.) um Vorhersagen von NWP-Modellen mit dem tatsächlichen Zustand (Messwerte, Zeitreihen) zu vergleichen. Für diese Methoden sind Trainingszeiträume in der Vergangenheit notwendig. Für diese Trainingszeiträume (1-3 Jahre) werden die Vorhersageresultate (DMOs) mit Messwerten verglichen und als Resultat die ursprünglichen DMO-Werte durch statistische Modellwerte korrigiert. Das Resultat ist das statistische Wissen über das Mikroklima und orographische Aspekte des Vorhersageortes. Dadurch können systematische Fehler des Vorhersagemodells eliminiert werden und dies führt zu besseren, „punktgenauen“ Prognosen. Neben den Modellvariablen eines NWP-Modells (z.B. Temperatur und Strahlung) können MOS-Prognosen auch für beliebige wetterabhängige Parameter (z.B. Windkraft und PV-Erzeugung) erstellt werden, sofern für diese Parameter historische Zeitreihen, d.h. Messwerte aus der Vergangenheit, zur Verfügung stehen.
Globalstrahlungsprognose
Die Globalstrahlung ist die Summe der direkten und diffusen Solarstrahlung. Die Globalstrahlung auf eine horizontale Fläche (GHI) steht als Modellvariable (DMO) und für Orte mit einer Strahlungsmessung auch als MOS-Ergebnis zur Verfügung. Mithilfe von empirischen, geometrischen Formeln (z.B. Perez-Modell) kann die Solarstrahlung für beliebig geneigte und orientierte Flächen (z.B. Solarpanele, Fensterflächen) vorhergesagt werden.
PV-Erzeugungsprognose
Für Standorte mit historischen PV-Erzeugungsdaten können statistische Vorhersagemodelle (MOS) trainiert werden, die die PV-Erzeugung direkt aus den Wettermodell-Daten prognostizieren. Diese Methode ist genauer als die physikalische Methode, für die neben der horizontalen Globalstrahlung die Neigung, Ausrichtung und Fläche der Erzeugungsanlage bekannt sein müssen. Außerdem gibt es einen variierenden, temperaturabhängigen Wirkungsgrad, den es zu berücksichtigen gilt.
Erzeugungsprognosen – weiterer Projektverlauf
Als nächster Schritt werden von den Projektpartnern Vorhersagemodelle für Globalstrahlung und PV-Erzeugung für mehrere Vergleichsstandorte und erste Anwender (Testbeds) entwickelt und eine Validierung vorgenommen. Die Ergebnisse der verschiedenen Prognosemethoden für unterschiedliche Vorhersagezeiträume werden miteinander verglichen. Daraufhin wird der Ansatz einer „best-quality“ Vorhersagezeitreihe definiert. Ziel ist es, ein Hybridmodell zu entwickeln, das aufgrund der Ergebnisse der Validierung für jeden Vorhersagezeitraum und Zeitschritt das Modell mit der höchsten Trefferquote auswählt und damit die höchste Vorhersagequalität gewährleistet. Für Energiegemeinschaften mit Wasserkraftwerken und Windkraftanlagen werden für deren Standorte Erzeugungsprognosen erstellt.
Diese Prognosen werden beschrieben und bewertet und den Anwendern auf der Projekteigenen Serve-U Energie Service Plattform täglich zur Verfügung gestellt.
Kontaktadresse
- Michael Schmidthaler
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